Woran erkennt man eigentlich eine:n gute:n Coach? Manchmal ist es mir richtig unangenehm, anderen zu erzählen, was mein Job ist. „Und, was machst Du beruflich?“ Diese Frage mag ich gar nicht. Denn leider leider stehe ich dieser beruflichen Gattung sehr kritisch gegenüber.

Bedauerlicherweise ist der Jobtitel „Coach“ kein geschützter Begriff. Jede:r – wirklich jede:r – kann sich Coach nennen. Dafür ist nicht mal ein Wochenendworkshop notwendig, wobei auch das in meinen Augen nicht reichen sollte. Du kannst Dir morgen eine Visitenkarte drucken, auf der Dein Name und „Coach“ steht – und schwups, Du bist Coach. (Ich hoffe, ich bringe damit gerade niemanden auf eine Business-Idee.)

Ich finde diesen Umstand im besten Fall kritisch und im schlimmsten Fall fahrlässig und gefährlich. Denn zu uns Coaches kommen echte Menschen mit echten Problemen. Wir sollten seriös dafür ausgebildet und in unserer Persönlichkeit ausreichend gefestigt dafür sein, unseren Klient:innen angemessen zu begegnen. Wir sollten auch in unseren Motiven klar und wertschätzend sein – die Motivation „reich werden“ und „remote arbeiten“ sehe ich kritisch.

Leider sehe ich – insbesondere bei Instagram – massenhaft Menschen, die Coaching für alle möglichen Dinge ohne jegliche Qualifikation anbieten. Insbesondere „Selbstwert“, „Glaubenssätze“ und „inneres Kind“ sind Themen, die plötzlich jede:r zweite anbietet. Noch befremdlicher für mich: Oft wird dies auch mit Business-Coaching verknüpft. Dann heißt es so ungefähr: „Wie Dein inneres Kind Deinem Business im Weg steht“ oder „Heile Deine Glaubenssätze zum Thema Geld für Deine 10k Monatsumsatz“. Ohnehin scheint „10k Monatsumsatz“ auf Instagram ein wahres Coaching-Zauberwort zu sein.

Diese Verbindung von Sales und Psychologie ist für mich schon einmal mehr als fragwürdig. Außerdem sehe ich in all diesen Angeboten eine doppelte Botschaft: Einerseits heißt es schön spirituell „Du bist perfekt, alles, was Du brauchst, ist in Dir“. Andererseits soll dann die heilbringende Lösung in einem teuren Coaching liegen, am besten noch als Kursformat mit zahlreichen anderen Teinehmer:innen oder gleich aufgezeichnet und on demand.

Diese Verkaufsstrategie beruht auf einem Widerspruch in sich – auf Psychologisch nennt man sowas „double bind“: eine inkongruente Aussage mit zwei sich zuwiderlaufenden Botschaften. Höchst verwirrend für die Psyche und übrigens auch bestens geeignet, um verdeckte Abhängigkeiten zu schaffen.

Wenn Du dann zögerst zu buchen oder Dir der Preis zu hoch ist, findet nicht selten ein gezieltes Shaming statt: „Was? Du investierst nicht in Dich? Bist Du Dir nichts wert?“ oder „Wenn Du nicht bereit bist, diese 5k zu investieren, dann kann aus Deinem Business sowieso nichts werden.“ So eine Art von Manipulation kann gerade jemanden, der ohnehin schon ein Thema mit Selbstwert und Co hat, hart treffen. Hilfesuchende so unter Druck zu setzen, um Profit zu machen, ist absolut unethisch.

Mich bringt all das in eine Ambivalenz: ich applaudiere jede:r, die sich Hilfe und Unterstützung holt. Beratung, Therapie, Coaching – yay! Alles super und hilfreich. Ich propagiere also überall, dass es ganz toll ist, sich Support zu holen. Ich finde es super, dass Coaching und Therapie immer normaler werden und ihr Stigma verlieren. Aber leider wächst im Fahrwasser dieser guten Entwicklung auch eine absolut unseriöse Coaching-Industrie.

Ich möchte hier niemandem auf die Füße treten. Aber meine Haltung dazu ist klar: mit psychischen Themen anderer Menschen spielt man nicht, man nutzt sie nicht zum eigenen Profit oder um sich zum Coaching-Guru zu stilisieren. Unsere Klient:innen vertrauen uns, zeigen uns ihr Innerstes. Das darf man nicht missbrauchen.

Worauf kannst Du also achten, wenn Du auf der Suche nach einem Coaching bist? Hier ein paar hilfreiche Gedanken:

  • Welche Qualifikation ist mir bei meinem Coach wichtig? Dazu können zum Beispiel zählen: Die Art der Coaching-Ausbildung, die Zertifizierung eines Dachverbands, ein akademischer Hintergrund, spezifische Weiterbildungen und Spezialisierungen, die berufliche Erfahrung usw.
  • Welche Art von Coaching möchte ich? Sei vorsichtig bei Esoterik und Pseudo-Wissenschaften wie Human Design, Emotional Freedom Techniques (EFT/Tapping), Reiki, Kristallen, Energiearbeit usw. Informiere Dich über die angebotenen Methoden und setz Dich damit kritisch auseinander. Ich halte diese Ansätze in den meisten Fällen für teure Placebos und Spiritual Bypassing (dazu mache ich vielleicht mal einen eigenen Artikel).
  • Welches Format passt zu mir? Eignet sich Dein Thema eher für ein Einzelcoaching oder für eine Gruppe? Möchtest Du Deine:n Coach persönlich treffen oder lieber virtuell – oder reicht Dir vielleicht sogar aufgezeichneter on-demand Content?  Kein Format ist grundsätzlich verkehrt, aber es sollte zu Deinem Thema passen.
  • Wie angemessen ist die Preisgestaltung? Lass Dich auf keinen Fall auf horrende Vorauszahlungen und Pakete ein. Die Preisgestaltung und die Verkaufsstrategie sollten sich für Dich gut anfühlen und auf keinen Fall Druck erzeugen.

Vielleicht können diese Fragen Dir weiterhelfen. Am Wichtigsten ist letztlich Dein gutes Bauchgefühl und die richtige Wellenlänge mit Deine:m Coach.

Falls Du dazu eine Frage hast, dann kannst Du mir gerne schreiben.